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Pressemitteilung — Montageleitung aus 12.065 Kilometern Entfernung

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IEEM allgemein

Montageleitung aus 12.065 Kilometern Entfernung

Corona zwingt Forscherteam der Uni Witten zu riskantem Manöver

Im Rahmen eines von den Bundesforschungsministerien aus Deutschland und Vietnam geförderten Pilotprojektes wird im Mekong-Delta ein Kleinwasserwerk mit innovativer Membrantechnologie gebaut. Das Ziel ist, auch für Verbraucher in abgelegenen Regionen eine saubere, sichere Trinkwasserversorgung bereitzustellen, die aus Kostengründen nicht an ein zentrales Wasserrohrsystem angeschlossen werden können. Betroffen von Versorgungsnotständen sind im Mekong-Delta etwa 4 Millionen Menschen, die sich früher aus lokalen Brunnen oder mit Flusswasser gut versorgen konnten.

Die Grundwasservorräte sind aber heute erschöpft, die Brunnen versiegen oder versalzen, und das Flusswasser immer stärker verschmutzt. Das rasante Wachstum von Industrie und Bevölkerung hat dazu geführt, dass in China und den übrigen Anrainerstaaten, aber auch in Vietnam selbst, zu viel Grundwasser und Flusswasser entnommen und verschmutzt wird – mehr als sich natürlich wieder regenerieren kann. Hinzu kommen die Folgen des Klimawandels, sagt Prof. Rudolph, der zuständige Projektleiter von IEEM, dem Umweltinstitut an der Universität Witten/Herdecke. „Mit Fernüberwachung und digitalem Wartungs-Assistenz-System sollen abgelegene Kleinwasserwerke entwickelt werden, die weitgehend selbstständig laufen, denn Fachpersonal vor Ort ist nicht verfügbar. Wir sind dabei, eine entsprechende Pilotanlage mit den erforderlichen Hightech-Komponenten und einem professionellen Betreiberkonzept aufzubauen und auszutesten. Am Ende muss sich zeigen, dass die technischen Leistungswerte erreicht werden und wir im vernünftigen Kostenrahmen bleiben“.

Wie alle international tätigen Universitäten und Forschungsinstitute habe man sich in Witten/Herdecke längst daran gewöhnt, virtuell zu kommunizieren sowie Video-Konferenzen zu veranstalten und Projektreisen auf das Notwendigste zu beschränken. Montagearbeiten und kritische Versuchsreihen für komplizierte Pilotanlagen müssen jedoch vor Ort betreut werden, auch wenn man dafür nach Südostasien, Südafrika, Osteuropa oder bis nach Neuseeland reisen muss. Eigentlich. Denn aufgrund der Reisebeschränkungen während der anhaltenden Corona Pandemie sei das auf absehbare Zeit nicht möglich. Die Montage einer komplexen Pilotanlage unter den schwierigen Arbeitsbedingungen vor Ort ist auch mit Vor-Ort-Betreuung anspruchsvoll und kompliziert. Jetzt sei man darauf angewiesen, die Montage und Inbetriebnahme aus rund 12.000 km Entfernung mit Bild-Telefonie zu bewerkstelligen.

„Wir haben mit unserem Team in Vietnam alles genauestens besprochen und mit unserem Technologiepartner Martin Systems aus Berlin eine Montageanweisung verfasst, in der alle Einzelheiten und denkbaren Probleme vorab beschrieben sind“, sagt Judith Zimmer, die verantwortliche Projektingenieurin. „Wir können Lockerungen der Corona-bedingten Reisebeschränkungen nicht abwarten, weil die Trinkwasseranlage nach erfolgreichem Testlauf vor Ort dringend benötigt wird und es bislang unklar ist, ab wann wir aus Deutschland ohne Schwierigkeiten in Vietnam einreisen und nach Deutschland wieder ohne Schwierigkeiten zurückkommen können. Das gilt für alle Projekt-Mitarbeiter in Witten und Berlin, auch für die, die einen vietnamesischen Pass haben“. Für IEEM sei die von fern gesteuerte Montage und Inbetriebnahme riskant, aber alternativlos.

Jens Hilbig, der Betriebsleiter des Institutes IEEM, wies darauf hin, dass es bei IEEM noch weitere Auslands-Projekte gibt, für die man ähnliche Lösungen finden müsse. Aktuell müsse man Messgeräte am Elefantenfluss im Krügerpark Südafrika Instandsetzen und Probleme im laufenden Betrieb einer Kläranlage in Namibia lösen. In Afrika käme das wackelige Internet als zusätzliche Erschwernis hinzu, während Süd-Ost-Asien (einschließlich abgelegener Orte im vietnamesischen Mekong-Delta) diesbezüglich eher besser aufgestellt sei als Deutschland.